An vielen universitären Standorten existieren studentische Verbindungen, Burschenschaften und andere männerbündische Reliquien vergangener Jahrhunderte. Meist jedoch an älteren Universitäten, die sich gerne den Stempel „geschichtsträchtig“ aufdrücken möchten.
Doch auch die recht „junge“ Universität Kassel besitzt solche Verbünde mit der farbentragenden Studierendenverbindung TW V. Chattia ( T.V. Bauhütte zu Kassel vorm. Hildburghausen/Thüringen) in der Gartenstraße 17 in Kassel/Wesertor und die farbentragende Burschenschaft Germania Kassel in der Wolfsanger Straße 98 Kassel/Wolfsanger. Letztere fiel vor allem durch ihre rechten und überzeugt nationalsozialistischen Mitglieder immer wieder negativ auf. Die Burschenschaft Germania Kassel ging am 4. Dezember 1985 aus der Vereinigung Alter Burschenschafter Kassel (VAB) hervor. Seit 1991 ist sie in der Deutschen Burschenschaft (DB) organisiert.
Die DB bekennt sich, so wie ihre Bünde, zu einem volkstumsbezogenen Vaterlandsbegriff. Erst 2011 geriet die DB in den bürgerlichen Medien wieder in die Kritik, als die Alte Breslauer Burschenschaft der Raczeks zu Bonn einen Antrag auf dem Burschentag in Eisenach stellte, in dem die Aufnahme von sogenannten „Nicht-Biodeutschen“ in die Mitgliedsbünde der DB unterbunden werden sollte. In diesem hieß es unter anderem, dass „beispielsweise […] eine nichteuropäische Gesichts und Körpermorphologie auf die Zugehörigkeit zu einer außereuropäischen populationsgenetischen Gruppierung und damit auf eine nicht deutsche Abstammung“ hinweise. Die unterzeichnenden Burschenschaften „bekennen sich zum deutschen Volk als Abstammungs und Schicksalsgemeinschaft und fordern alle deutschen Burschenschafter auf, jeder weiteren Aushöhlung des Volkstums und Vaterlandsbegriffes entschlossen entgegenzutreten“. Auch die Germania Kassel sprach sich für diesen so genannten „Ariernachweis“ aus.
Doch nicht nur dies weist die Burschenschaft Germania als rechten Männerzusammenschluss aus, sondern auch die Pflichtschlagung jedes aktiven Mitglieds. Hierbei geht es um das Aufnahme-Ritual eines Fuchses (noch nicht volles Mitglied einer Korporation) durch das Fechten scharfer Waffen. Dabei geht es nicht um einen Sieg, sondern darum, dass der Paukant (Duellierender) im Duell standhalten muss, um damit seine „Männlichkeit“ zu beweisen.
Neben anderen archaischen Ritualen von Burschenschaften lässt sich feststellen, dass auch die Burschenschaft Germania Kassel versucht, ein faschistisches Männlichkeitsideal in ihre Idee von Nation einzubringen. Mit diesen Idealen ind sie Ausdruck der patriarchalischen Gesellschaft und rechter Ideologien. So ist es wenig verwunderlich, dass immer wieder rechte Veranstaltungen im Burschenschaftshaus in der Wolfsangerstraße 98 stattfinden, wie z.B. ein Vortrag des verstorbenen NPD Funktionärs Jürgen Rieger.
Bei besagtem Vortrag am 19.11.2004 hatte Rieger, verurteilter Holocaustleugner, über das Thema „Germanischer Glaube in unserer Zeit“ referiert. In diesem Zusammenhang ermittelte auch die Kasseler Staatsanwaltschaft, da Rieger auf dem Vortrag im Germanenhaus den nationalsozialistischen Massenmord an Sinti*zze und Rom*nja geleugnet haben soll. Im weiteren Verlauf wurde dem Trägerverein der Germania durch das Finanzamt Kassel die Gemeinnützigkeit aberkannt.
Aber auch andere Veranstaltungen der Germania zeigten, wessen Geistes Kind sie sind. So wurden unter anderem folgende Vorträge organisiert: „Der amerikanische Diebstahl geistigen Eigentums nach 1945“ und „Impressionen einer Grenzlandfahrt nach Ostpreußen“.
Einen Vortrag gab es auch von Björn Clemens am 17.11.2018, welcher nebenbei als Anwalt für die PEGIDA Organisation und als Verteidiger von Markus Hartmann (mutmaßlicher Mittäter am Mord von Walter Lübcke) auftritt. Auch Michael Werl (stellvertretender Sprecher des Kreisvorstandes der AfD und Fraktionsvorsitzender der Stadtverordnetenversammlung) verkündete in einem geleakten Chatverlauf nicht nur seine Liebe zu Rechtsrock und dem Nationalsozialismus, sondern auch seine Mitgliedschaft in der Burschenschaft Germania.
Als Aktiver gilt auch Tristan Lessing, welcher Kontakte zur Kameradschaft Freier Widerstand Kassel pflegte und es schaffte, aufgrund seiner Tätigkeit bei der Identitären Bewegung aus der rechten Jugendorganisation der AfD ausgeschlossen zu werden. Der Lehramts-Student aus Kassel ist des Öfteren auf dem Campus der Universität Kassel durch Tragen von T-Shirts des Nazi Rappers Makss Damage und einem T-Shirt des Kampf der Nibelungen (Nazi-Kampfsport Turnier) auffällig geworden.Obwohl sie an der Universität nicht offen auftritt, hat die Burschenschaft Germania seit ihrer Gründung immer wieder organisierte Neonazis beherbergt, angezogen und erzogen.