Gründung einer Bürgerwehr in Kassel

Nach einigen erschreckenden Nachrichten von Schlägertrupps, die als Konsequenz aus den Übergriffen an Silvester am Kölner Hauptbahnhof Jagd auf „anders“ aussehende gemacht haben, hat sich nun unter dem Label „Kassel passt auf!“ auch in Nordhessen eine Bürgerwehr gegründet. Zur Zeit beschränkt sich das Ganze auf eine Seite bei Facebook, die innerhalb kürzester Zeit knapp 3000 Likes bekommen hat.

Das Landesamt für Verfassungsschutz Hessen gab in der HNA an, keine Erkenntnisse über die OrganisatorInnen der Gruppe zu haben. Überraschend ist dies nicht, konnte das LfVH doch auch bei Kagida keine rechten Tendenzen entdecken und ist bis heute bemüht, die Aufklärung des NSU-Mordes in Kassel zu verhindern.

Unsere Recherche ergab, dass die Verwalter der Seite die Kagida-Initiatoren Michael Viehmann und Mario Beck sind, die sich über die Bürgerwehr ein neues Aktionsfeld erhoffen. Die „aktiven“ Mitglieder der Gruppe setzen sich sowohl aus den Kagida-Kadern, als auch aus dem Rocker- und Türstehermilieu zusammen, zu nennen ist beispielsweise die „Hardcore Crew Cassel“. Die Bürgerwehr kündigt an, regelmäßig in Kassel Patrouillie laufen und eine Notfallnummer organisieren zu wollen.

Auf Facebook verkündete die Gruppe, am Samstag in der Kasseler Innenstadt unterwegs gewesen zu sein. Mehr als ein Foto vom menschenleeren Königsplatz kam dabei nicht zu Stande.

Wie die Übergriffe in Köln gezeigt haben, sorgen selbsternannte Bürgerwehren keineswegs für Sicherheit auf der Straße, sondern erzeugen Angsträume oder stellen im schlimmsten Fall eine physische Bedrohung für Menschen dar, die von ihnen anhand optischer Merkmale als Geflüchtete eingeordnet werden.

Obwohl es bereits viel positive Resonanz auf der Internetseite gab und mehrere Personen Interesse bekundeten, verfügt die Gruppe bisher über keine Struktur außerhalb von Facebook. Grund dafür war auch ein unerwarteter Todesfall im Orga-Team.

Doch nicht nur die Köpfe hinter der Bürgerwehr sind momentan wichtig. Mit Ekel verfolgen wir die mediale Debatte nach den Ereignissen von Köln. Nach antifeministischen Kampagnen gegen den „Gender-Wahn“ stehen die „Rechte der Frau“ nun bundesweit ganz oben auf der Agenda rechter Bewegungen und werden zur Agitation gegen Geflüchtete genutzt. Feministische Themen, die früher nur Linke interessierten und vom Rest der Gesellschaft belächelt bzw. negiert wurden, werden auf einmal in jeder großen Zeitung verhandelt. Auch in der Facebook-Gruppe „Kassel passt auf“ wurde jüngst ein Selbstverteidigungskurs für Frauen beworben. Die Basis feministischer Kämpfe darf allerdings nicht Rassismus sein. Das Patriarchat wurde nicht erst an Silvester eingeführt und die momentane Debatte verschleiert sowohl den Sexismus innerhalb der deutschen Gesellschaft als auch die Kämpfe dagegen. Zum weiterlesen empfehlen wir auch den Text der Kölner Genoss_innen „Mit Rassismus gegen Sexismus?“