Die Kasseler Burschenschaft Germania

Die Burschenschaft Germania Kassel ging am 4. Dezember 1985 aus der Vereinigung Alter Burschenschafter Kassel (VAB) hervor. Seit 1991 ist sie in der Deutschen Burschenschaft (DB) organisiert.1 Die DB bekennt sich, so wie ihre Bünde, zu einem volkstumsbezogenden Vaterlandsbegriff. Erst 2011 geriet die DB in den bürgerlichen Medien wieder in die Kritik, als die Alte Breslauer Burschenschaft der Raczeks zu Bonn einen Antrag auf dem Burschentag in Eisenach stellte, in dem die Aufnahme von „Nicht-Biodeutschen“ in die Mitgliedsbünde der DB unterbunden werden sollte. In diesem hieß es unter anderem, dass „beispielsweise […] eine nichteuropäische Gesichts- und Körpermorphologie auf die Zugehörigkeit zu einer außereuropäischen populationsgenetischen Gruppierung und damit auf eine nicht deutsche Abstammung“ hinweise. Die unterzeichnenden Burschenschaften „bekennen sich zum deutschen Volk als Abstammungs- und Schicksalsgemeinschaft und fordern alle deutschen Burschenschafter auf, jeder weiteren Aushöhlung des Volkstums- und Vaterlandsbegriffes entschlossen entgegenzutreten“. Auch die Germania Kassel sprach sich für diesen so genannten „Ariernachweis“ aus.2

In ihrer Mitteilung zur Demonstration „Ehre, Freiheit, Vaterland? … drauf geschissen!“, welche am Sonntag, den 09.12.2012 in Kassel stattfand, heult sich die Germania über die ihrer Meinung nach ungerechtfertigte Kritik der Demonstrierenden aus: „Eine einzige Vortragsveranstaltung ist im Jahr 2004 in die öffentliche Kritik geraten und hat äußerst einseitig das mediale Interesse an unserer Studentenverbindung geweckt. Dabei wird wissentlich unterschlagen, dass diese Veranstaltung keinesfalls repräsentativ für die Meinung unserer Mitglieder und Gäste steht.“3

Bei besagtem Vortrag am 19.11.2004 hatte der mittlerweile verstorbene NPD-Funktionär Jürgen Rieger, verurteilter Holocaustleugner, über das Thema „Germanischer Glaube in unserer Zeit“ referiert. In diesem Zusammenhang ermittelte auch die Kasseler Staatsanwaltschaft, da Rieger auf dem Vortrag im Germanenhaus den nationalsozialistischen Massenmord an Sinti und Roma geleugnet haben soll. Im weiteren Verlauf wurde dem Trägerverein der Germania durch das Finanzamt Kassel die Gemeinnützigkeit aberkannt.4 Aber auch andere Veranstaltungen der Germania zeigten, wessen Geistes Kind sie sind. So wurden unter anderem folgende Vorträge organisiert: „Der amerikanische Diebstahl geistigen Eigentums nach 1945“ und „Impressionen einer Grenzlandfahrt nach Ostpreußen“ 5

Schon im November 1992 fiel die Germania Kassel auf, als sie eine Veranstaltung mit dem rechtsradikalen Liedermacher Frank Rennicke initiierte.5 Alle sechs Alben Rennickes, welche bis 1993 erschienen waren, wurden indiziert.6

Auf dem Konzert des Nazibarden im Germanenhaus war u.a. Björn Breitenfeld, seines Zeichen Funktionär der 1992 verbotenen Partei „Nationalistische Front“, im Braunhemd erschienen und  applaudierte mit „Juda verrecke“. Ebenfalls anwesend waren die beiden Nazifunktionäre der seit 1995 verbotenen „Freiheitlichen Deutschen  Arbeiterpartei“ (FAP) Dirk Winkel und Markus Eckel, die sich mit „deutschen Gruß“ bzw. „Sieg Heil“ ins Gästebuch eintrugen.7

Im Mai 2003 warb die Germania in der monatlich erscheinenden Zeitschrift „Nation und Europa“, welche eine der bedeutesten Publikationen der „Neuen Rechten“ war, für ihre Verbindung. Ebenso schaltete sie eine Anzeige in dem zentralen Organ mit Brücken-Funktion zwischen Konservatismus und Rechtsradikalismus, der Zeitung „Junge Freiheit“. Dort schrieben sie „Alles für Deutschland! Burschenschaft Germania Kassel sucht Kameraden zum Aufbau eines national-freiheitlichen Arbeitskreises.“5

Im universitären Alltag fällt die Germania selten auf. Meist nur durch das Werben um neue Mitglieder. So auch im Jahr 2007, als sie an der Litfaßsäule am Holländischen Platz „allen Studenten ein erfolgreiches Wintersemester 2007/2008“ wünschte. Nicht ganz uneigennützig – immerhin hat die Germania neben Freibier nur reaktionäre Scheiße zu bieten und ist dementsprechend unattraktiv für Studenten. Die Germania kämpft, wie alle andern Burschenschaften, mit immer weniger Neuzugängen. Seit 1960 ist die Anzahl der Korporierten in der DB um zwei Drittel zurückgegangen. Circa ein Drittel der organisierten Bünde in der DB verfügen nicht mehr über Activitas, das heißt Studenten, die auf den Verbindungshäusern wohnen.7 In den Jahren 2010 und 2011 traten ein Bursche und zwei Altherren aus der Germania aus. 2010 wurde der Bursche Dominik Riemenschneider „mit Schimpf und Schande (cum infamia)“ ausgeschlossen. Er bestellte im neonazistischen Aufruhr-Versand unter anderem das Buch „Reizwort Rasse“ von Johannes F. Ney, eine Fahne des Deutschen Reiches sowie eine Fahne, welche ein Emblem mit Zahnrad, Hammer und Schwert zeigt – kein geringeres Symbol als das der Nationalrevolutionäre. Weiterhin nutzte er die Kommentarfunktion der Bestellung für folgende Mitteilung: „Bitte zügig bis Freitag versenden, die Fahne brauch ich beim Feiern! Kassel ist innere Kolonie, alles voller Kanaken! Dank u. Heil!“. Riemenschneider arbeitete bis März 2013 als Sozialarbeiter für die Stadt Kassel. Als der hessische Rundfunk mit diesen Informationen an die  Stadt heran trat,wurde der Honararvertrag mit ihm aufgelöst.9

Eine Fahne des Deutschen Reiches sowie ein Poster, welches das Deutsche Reich in seinen alten Grenzen zeigt, zierten auch eine Zeit lang den Gemeinschaftsraum der Germania in der Wolfsangerstraße 98. Für das Haus gegenüber, das ebenfalls dem der Burschenschaft übergeordneten Verein gehört, wurde zuletzt im Sommer 2013 auf der Plattform wg-gesucht.de nach neuen Bewohner*innen gesucht.

Rechte Männerbünde auflösen!

Für den Communismus!

antifaschistische Gruppe T.A.S.K. [Kassel]

http://task.noblogs.org

 

(Überarbeitete Version vom 10. September 2014)

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1 http://www.facebook.com/pages/Kasseler-Burschenschaft-Germania/137203043052103?sk=info

² Burschenschaftliche Blätter, Heft 2/2011

3 http://www.facebook.com/pages/Kasseler-Burschenschaft-Germania/137203043052103

4 MDR, LexiTV Burschenschaften, Minute 53.22 http://www.youtube.com/watch?v=oEBI5NK70iU&feature=youtu.be

5 Die neue Rechte: eine Gefahr für die Demokratie?,Prof. Wolfgang Gessenharter, Thomas Pfeiffer, Seite 123

6 http://de.wikipedia.org/wiki/Frank_Rennicke#Publikationen

7 Kampf der FAP“, Broschüre der Antifaschistischen Aktion/Bundesweite Organistaion (AA/BO), Oktober 1994, S.45

8 http://www.linksnet.de/de/artikel/25695

9 http://www.hr-online.de/website/rubriken/nachrichten/indexhessen34938.jsp?rubrik=36086&key=standard_document_50900617