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Kasseler Zustände: Antizionistische Demonstration erhält Unterstützung von „links“

Am Nachmittag des 15. Juli versammelten sich am Stern deutlich über tausend Menschen, um unter dem Motto „Frieden in Palästina“ durch die Kasseler Innenstadt zum Rathaus zu ziehen. Die Demonstration wurde von keiner Gruppe, sondern von mehreren Einzelpersonen organisiert und hauptsächlich über das Internet beworben. Bereits am Auftaktort machte sich eine aggressive Grundstimmung breit, einige Jugendliche sprachen davon, später noch „Juden zu verprügeln“. Als der Demonstrationszug in schnellem Tempo loszog, wurden die üblichen Parolen wie „Kindermörder Israel“ oder „Allahu akbar“ gerufen und Transparente sowie Schilder mit geschichtsrevisionistischen und antisemitischen Holocaustvergleichen gezeigt.

Obwohl die Veranstaltenden, sowohl im Vorfeld, als auch während der Demonstration ständig an die Teilnehmenden appellierten, sich nicht antisemitisch zu äußern, oder provozieren zu lassen, zeigte sich der Hass auf Juden und den Staat Israel nicht nur in Form der mitgebrachten Schilder, sondern auch durch die mitgeführten Fahnen. So wurden nicht nur Palästina-Fahnen und durchgestrichene Flaggen des Staates Israel, sondern auch eine Flagge der Hamas gezeigt. Außerdem wurde eine übergroße, abgewandelte Fahne der Franco-Faschisten geschwenkt, auf ihr war zu lesen:“patriotismo asta la muerte“ – Patriotismus bis zum Tod. Auch Symbole der islamistischen Organisation Isis waren auf Kopfbändern zu sehen.

Als der antizionistische Demonstrationszug auf dem Weg zum Rathaus die Treppenstraße erreichte, schien allein der Anblick der israelsolidarischen Gegenkundgebung unter dem Motto „Gegen Antisemitismus und Israelhass auf Kassels Straßen“ Grund genug, um die Aggression vollends ausbrechen zu lassen. Kleine Gegenstände wie Feuerzeuge flogen auf die Gegenkundgebung, die Teilnehmer*Innen der „Friedensdemo“ versuchten die israelsolidarische Kundgebung anzugreifen und mussten sowohl durch ihre eigenen Ordner*innen, als auch durch eine BFE-Einheit zurückgehalten werden. Die Kundgebungsteilnehmer*innen wurden antisemitisch und sexistisch beleidigt, ebenso wurden mehrfach Todesdrohungen ausgesprochen. Im Nachgang der Demo wurden auf der Veranstaltungsseite auf Facebook Bilder von Teilnehmenden der Kundgebung gepostet und ihnen körperliche Gewalt angedroht.

Besonders erwähnenswert ist die Unterstützung der israelfeindlichen Demonstration durch Personen aus dem Organisationskreis der in Kassel wöchentlich stattfindenden Montagsmahnwache, sowie aus Teilen des antiimperialistischen Spektrums um die Organisationen Revolution, Arbeitermacht, SDAJ und MLPD. Nicht nur die Aluhut-Fraktion mobilisierte bereits im Vorfeld, gemeinsam mit den antiimperialistischen Kleinstgruppen stellten sie einen Teil der Ordner*innen Struktur der Demonstration. Dabei gaben gerade diese Gruppen um Revolution und Co. noch zu Beginn der Montagsmahnwachen an, sich gegen Faschismus, Antisemitismus und Verschwörungstheorien auszusprechen – offenkundig ein reines Lippenbekenntnis. Der Schulterschluss zwischen antisemitischen Verschwörungstheoretiker*innen und den Kasseler Steinzeitkommunist*innen scheint sich vollzogen zu haben. So hält ein Ordner der MLPD im hektischen Gemenge vor der israelsolidarischen Kundgebung einen Lautsprecher in die Luft, es ertönt „Allahu akbar“. Auf der Abschlusskundgebung predigt der selbe Ordner auf den Treppen vor dem Kasseler Rathaus: „Der aktive Widerstand, egal ob friedlich oder bewaffnet, ist gerechtfertigt“. Noch offensichtlicher kann man seine Sympathie mit den Angriffen der Hamas wohl kaum kundgeben.

Des Weiteren fotografierte ein Mitglied von Revolution die Kundgebungsteilnehmer*innen ab, wenig später wurden sie auf der Facebookseite der Gruppe veröffentlicht. Die ohnehin in der Bedeutungslosigkeit verschwindenden Gruppen um Revolution, SDAJ und Co. scheinen also wiedermal ihren politischen Fokus auf die Unterstützung antisemitischer Demonstrationen und praktische Anti-Antifa Arbeit gelegt zu haben – chapeau!

Wir als antifaschistische Gruppen TASK und ak:raccoons verurteilen das Verhalten der vermeintlich linken Gruppierungen aufs schärfste. So sehr es als eine Basisbanalität erscheint, dass das antifaschistische Engagement gegen Antisemitismus und religiösen Fundamentalismus auch eine Anerkennung des Staates Israel und der damit verbundenen Schutzfunktion beinhaltet, zeigen solche Vorkommnisse, dass eine ernsthafte Auseinandersetzung mit dem Thema Antisemitismus weiterhin eingefordert werden muss.

Die Demonstration wird am Freitag den 18. Juli in umgedrehter Richtung wiederholt. Damit befindet sich der Abschlussort am Stern nur wenige Meter von der Synagoge entfernt. Es ist eine unzumutbare Situation, dass die jüdische Gemeinde es in Erwägung ziehen muss, ihr gemeinsames Gebet aufgrund der bedrohlichen Lage abzusagen.

Der antizionistischen Querfront entgegentreten!

Solidarität mit den Betroffenen antisemitischer Gewalt!

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Ein erster Bericht der Veranstalter*innen findet sich unter: http://bgakasselblog.wordpress.com/2014/07/15/hate-parade-in-kassel-und-ein-kleines-bundnis-was-dagegen-halt/

Weiterhin: http://www.juedische-allgemeine.de/article/view/id/19730]

Franco Fahne

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Linke Unterstützung

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