Wir unterstützen folgende Solidaritätserklärung der Kritischen Uni Kassel:
Seit einigen Monaten werden Wissenschaftler*innen der Universität Kassel und anderer wissenschaftlicher Einrichtungen im Bereich der kritischen Geschlechter- und Sexualwissenschaften in diversen Printmedien und sozialen Netzwerken aufgrund ihrer wissenschaftlichen Arbeit diffamiert, persönlich beleidigt und zum Teil bedroht. Die Schmähungen und die Hetze erreichen ein schockierendes Ausmaß. In den sozialen Medien und in zahlreichen E-Mails werden neben Beleidigungen und unsachlicher Hassrede Mord- und Vergewaltigungsdrohungen ausgesprochen. Dies ist mitnichten als Gesprächs- und Diskussionsinteresse zu sehen. Vielmehr ist dies ein Versuch, eine spezifische Form von Wissenschaft mit gewaltvollen Mitteln zum Schweigen zu bringen.
Die Arbeiten der Wissenschaftler*innen stehen in der Reihe eines kritischen Verständnisses von Wissenschaft: sie nehmen eine kritische Distanz zu der Alltagsgewissheit einer vermeintlichen Normalität des heterosexuellen Begehrens und geschlechtlicher Zuschreibungen ein; sie analysieren diese Normalität empirisch mit ihren Unterdrückungs- und Ausschlussmechanismen und sehen sich einer Vielfalt an sozialen Lebens- und Begehrensformen verpflichtet. Ein Eintreten für die Anerkennung des bisher Nichtanerkannten, Marginalisierten und Ausgeschlossenen sowie ein Eintreten für die Gleichberechtigung unterschiedlicher Lebensformen führt zu den derzeitigen gewaltvollen Abwehrreflexen, Diffamierungen und Beleidigungen von Seiten liberal-rechts-konservativer Kreise.
Diese Drohungen und Diffamierungen stellen einen Angriff auf die Freiheit von Wissenschaft und Lehre im zivilen Bereich dar, und zwar in diesem Fall der kritischen Geschlechter- und Sexualwissenschaften. Die diffamierenden Schmähungen sind kein Bestandteil akademischer Streitkultur und auch nicht als solche zu behandeln. Wir bekunden den Wissenschaftler*innen, die sich derzeit sexistischen, homofeindlichen und rassistischen Angriffen ausgesetzt sehen unsere Solidarität. Wissenschaftliche Arbeit kann nur in einem respektvollen Raum gelingen, denn nur dort sind konstruktive Auseinandersetzungen möglich.